Man möchte sich mit einer unbekannten Person treffen und im BDSM-Spiel geht es darum, sich dieser
fremden Person womöglich wehrlos auszuliefern.
Zu Recht macht man sich Gedanken und Sorgen, ob das mit Gefahren verbunden ist.
Neben klaren und verbindlichen Absprachen sowie weiteren Maßnahmen vor einem Treffen, ist das
Covern eine Möglichkeit für mehr Sicherheit.
Das Covern ist ein Schutzprozess bei Treffen mit anderen Menschen. Nicht nur für BDSM-Sessions,
sondern auch bei „normalen“ Dates kann dies für mehr Sicherheit sorgen.
Beim Covern informierst du eine eingeweihte Person vor, während und nach dem Treffen (der Session)
über deinen aktuellen Zustand. Entweder teilst du der Vertrauensperson mit, dass etwas nicht in
Ordnung ist oder, weil keine Rückmeldung von dir kommt, wird Hilfe zu dir geschickt.
Um sich zu Covern benötigst du als erstes eine Vertrauensperson. Deine Vertrauensperson erfährt von
dir, mit wem und wo du dich triffst. Sicherlich gibt es auch Fragen zum Inhalt des Treffens bzw. was du
machst.
Ebenso benötigst du ein Smartphone mit entsprechenden Apps – genauso wie deine
Vertrauensperson.
Plane genügend Vorlaufzeit ein, um mit deiner Vertrauensperson alles zu besprechen und zu klären.
Das kannst du machen, bevor du dich schon verabredest für ein Treffen.
Natürlich wird deine Vertrauensperson eine Erklärung haben wollen, weshalb du dir Gedanken und
Sorgen machst. Wie viel du von deinen BDSM- und Fetischvorlieben erzählst, entscheidest du selbst.
Stelle dich auf Nachfragen ein.
Wenn du das Treffen (die Session) mit deinem Gegenüber vereinbart hast und alle Details (Datum,
Uhrzeit, Treffpunkt, Kontaktdaten etc.) bekannt sind, nimmst du Kontakt mit deiner Vertrauensperson
auf. Du berichtest von dem bevorstehenden Treffen und gibst die Informationen weiter.
Im Vorfeld ist es wichtig, dass ihr festlegt, was wann zu erfolgen hat.
Folgende Dinge sind sinnvoll:
•
Du solltest dich mehrmals bei deiner Vertrauensperson melden. Es empfiehlt sich zu Beginn, dass
du nun am Treffpunkt bist und als nächstes zu deinem „Date“ (hinein) gehst.
Eine weitere Meldung empfiehlt sich kurze Zeit danach. Du teilst mit, dass alles wie erwartet ist und ihr
anfangen werdet. Ist nicht alles wie erwartet, kannst du das deiner Vertrauensperson ebenfalls
mitteilen. Am besten nutzt ihr dafür einen abgesprochenen Code.
Je nachdem wie lange das Treffen (die Session) geht, könnt ihr Zwischenmeldungen vereinbaren oder
eine abschließende Meldung, wenn das Treffen (die Session) vorbei ist.
•
Nutzt einen Code, den nur du und deine Vertrauensperson kennt. Es könnte möglich sein, dass
dein unbekanntes Gegenüber dich zwingt eine Nachricht zu schreiben, dass alles in Ordnung ist oder er
schreibt mit deinem Smartphone selbst diese Nachricht. Solltest du Telefonieren, nutze ebenfalls ein
Codewort, mit dem du versteckt um Hilfe bitten kannst.
Hier ein paar Beispiele für Codes:
Deine Meldung an deine Vertrauensperson, wenn du bei deinem Date bist und du mitteilen möchtest,
dass alles in Ordnung ist: „Hallo Ben! Bei mir ist alles in Ordnung, du brauchst dir keine Sorgen machen.
Ich melde mich wieder in drei Stunden und freue mich, dir bei einem Glas Wein alles zu erzählen.“
Hier die Variante, dass nicht alles in Ordnung ist: „Hallo Benjamin! Bei mir ist alles in Ordnung, du
brauchst dir keine Sorgen machen. Ich melde mich wieder in drei Stunden und freue mich, dir bei einem
Bier alles zu erzählen.“
Vom Inhalt her sind beide Nachrichten gleich. Deine Vertrauensperson weiß aber, wenn du seinen
Namen ganz schreibst und du das Bier erwähnst, dass etwas nicht in Ordnung ist. Es gibt noch viele
andere Möglichkeiten, versteckte Nachrichten zu übermitteln. Wichtig ist, dass nur du und deine
Vertrauensperson diesen versteckten Code kennen.
Hier ein Beispiel für eine positive Zwischenmeldung: „Das Treffen ist gut. Wir machen nun eine Pause
und gleich geht es weiter. Ich melde mich wieder in zwei Stunden.“
Und nun das Beispiel für eine negative Zwischenmeldung: „Das Treffen ist gut. Wir machen nun eine
Pause und gleich geht es weiter. Ich melde mich wieder in zwei Stunden. Ich hoffe du hast deinen Spaß
mit Marvin.“
Durch den Zusatz machst du darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt.
In der letzten Nachricht an deine Vertrauensperson kannst du ein Codewort einbauen, damit deine
Vertrauensperson weiß, dass das Treffen (die Session) vorbei ist und du wieder sicher raus bist. Zum
Beispiel so: „Schokoladenpudding. Hey! Es war super! Ich hatte meinen Spaß.“
Das Codewort Schokoladenpudding zeigt deiner Vertrauensperson, dass alles gut ist. Benutzt du ein
anderes Codewort oder gar kein Codewort, dann weiß deine Vertrauensperson, dass nicht alles in
Ordnung ist.
•
Eine weitere wichtige Absprache: Was soll deine Vertrauensperson machen, wenn du signalisierst
das nicht alles in Ordnung ist.
Zu unterscheiden ist, ob du mit deiner Vertrauensperson Kontakt hast oder du dich nicht mehr meldest
bzw. nicht reagierst.
Nehmen wir an, du hast dich bei deiner Vertrauensperson nicht gemeldet. In diesem Fall kann deine
Vertrauensperson sich aktiv bei dir melden. Dir schreiben oder dich sogar anrufen. Hier ein Tipp: Es
gibt die Möglichkeit, in den Einstellungen deines Smartphones, trotz Lautlos-Modus bestimmte
Telefonnummern freizuschalten, so dass dein Handy trotzdem klingelt. Wo sich die Einstellung bei
deinem Smartphone-Modell befindet, googelst du am besten mal.
Kann deine Vertrauensperson dich erreichen, dann kannst du erklären was passiert ist. Vereinbart ein
Codewort, mit dem du signalisierst, dass wirklich alles in Ordnung ist. Zum Beispiel so: „Hallo Ben!
Entschuldige bitte. Wir haben die Zeit vergessen und ich habe vergessen dir Bescheid zu geben. Es ist
alles in Ordnung und ich freue mich auf das Pizzaessen mit dir. Bis später!“ Der Hinweis auf das
Pizzaessen sagt aus, dass alles in Ordnung ist und du wirklich nur vergessen hast dich zu melden.
Was soll deine Vertrauensperson machen, wenn sie dich nicht erreicht oder du nicht das Signal gibst,
dass alles in Ordnung ist. Hier solltet ihr klare Absprachen treffen und Konsequenzen festlegen. Auch
wenn diese unangenehm sind. Es geht immerhin um deine Sicherheit und dein Wohlbefinden.
Es ist die Frage zu beantworten, wann deine Vertrauensperson Hilfe schickt. Das ist in der Regel die
Polizei.
Eine mögliche Absprache könnte sein, dass deine Vertrauensperson die Polizei informiert, wenn du
dich eine viertel Stunde nach der vereinbarten Zeit nicht meldest und sie dich nicht telefonisch
erreichen kann. Sie hat drei Mal, im Abstand von 2 Minuten, versucht dich anzurufen, aber du bist nicht
ans Telefon gegangen. Dann ruft deine Vertrauensperson die Polizei (Telefon: 110) und berichtet von
eurer Absprache und dass sie dich nicht erreicht. Ebenfalls kann deine Vertrauensperson die Daten
deines Treffens angeben, so dass die Polizei dich auch findet.
Vielleicht ist deine Vertrauensperson zwei Meter groß und eine richtige Kante. Er wohnt nicht weit
entfernt und bringt noch einen Freund mit, um dich „zu befreien“. Hier ist zu bedenken, dass sich deine
Vertrauensperson selbst in Gefahr bringen kann. Deine Vertrauensperson hat keine Befugnisse, in ein
Haus zu gehen und kann abgewiesen werden. Wenn dann erst die Polizei gerufen wird, kann wertvolle
Zeit vergehen. Von daher ist es nicht ratsam, dass sich ein privates „Rettungskommando“ auf den Weg
zu dir macht.
•
Wenn du dich bei dem Treffen (der Session) unwohl fühlst und es abbrechen möchtest, kann
deine Vertrauensperson eine Hilfe sein. Schreibe ihr bei der vereinbarten Meldung oder zu irgendeinem
Zeitpunkt, dass du aus der Situation heraus möchtest. Das machst du wieder mit einem Code, zum
Beispiel so: „Hallo Ben! Bitte besorge für unser Treffen noch Chips.“
Dadurch weiß deine Vertrauensperson, dass sie aktiv werden soll. Das am besten mit einem Anruf. Du
gehst ans Telefon und deine Vertrauensperson berichtet, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist und du
kommen musst. Deine Waschmaschine ist ausgelaufen, dein Keller wurde aufgebrochen, dein Freund
hat sich ausgesperrt und braucht nun den Ersatzschlüssel, der bei dir liegt. Ideen gibt es viele, es muss
nicht immer dramatisch sein („Deine Mama ist im Krankenhaus.“). Du kannst nun entscheiden, ob du
noch am Telefon bleibst, bis du aus der Situation raus bist oder du sagst deiner Vertrauensperson,
dass du dich fertig machst und in fünf (oder zehn) Minuten anrufst, um weiterzusprechen. Nach der
vereinbarten Zeit gibt es dann von dir die Entwarnung, dass alles in Ordnung ist (Code nicht
vergessen).
Besprecht auch, was passieren soll, wenn du nicht ans Telefon gehst oder dich nicht meldest (siehe
oben).
Die geheimen Codes, die du mit deiner Vertrauensperson vereinbarst, solltest du nicht mit der
Messenger-App kommunizieren, die du während des Treffens (der Session) nutzt. Wenn du in einer
wehrlosen Situation bist, kann man dein Smartphone über das Scannen deines Gesichts bzw. mit dem
Fingerabdrucksensor entsperren. So können deine Codes gelesen werden und die Nachrichten werden
von deinem Date-Partner verschickt und nicht von dir.
Damit deine Vertrauensperson weiß, wo du bist, empfiehlt sich die Nutzung einer Ortungsapp (z. B.
Glympse) oder die Live-Standortfunktion einer Messenger-App.
Informiere dein Gegenüber darüber, dass du dich bei dem Treffen (der Session) coverst und eine
Vertrauensperson über alles Bescheid weiß. Auch, dass du dich regelmäßig bei jemandem melden
musst.
Dadurch weiß dein Gegenüber, dass jemand auf dich aufpasst und er ist „gewarnt“. Er muss es auch
wissen, um in der Session eine Pause zu machen (z. B. dich aus der Bondage-Fesselung befreien) oder
wundert sich nicht, dass du ab und zu an dein Handy gehst und mit jemandem schreibst (kann
unhöflich wirken).
Ich als Master empfinde es nicht als negativ, wenn meine Spielpartner sich covern. Ich habe
Verständnis, dass man sich Sorgen macht und vielleicht ein bisschen Angst hat. Wenn man diese auf
so einfache Weise abbauen kann, ist das doch gut.
Die Zwischenmeldungen können eine Session unnötig unterbrechen und es kann als Lustkiller
empfunden werden. Aber es geht um deine Sicherheit, daher solltest du das in Kauf nehmen.
Wenn du Vertrauen zu der Person aufgebaut hast, wirst du zukünftig auf das Covern verzichten können
oder es gibt nur noch am Ende der Session eine Rückmeldung an deine Vertrauensperson.
Dieser Text kann dich beunruhigen. Vielleicht machst du dir nun mehr negative Gedanken als vorher.
Ich möchte dir keine Angst machen, aber du solltest vorsichtig sein. Normalerweise wird das Covern
überflüssig sein, weil alles so läuft wie vereinbart. Das heißt, du kannst jederzeit das Treffen (die
Session) abbrechen – zum Beispiel mit dem Safeword – und gehen. Dein Gegenüber sollte
Verständnis dafür haben, dass du dich unwohl fühlst oder dass die Chemie zwischen euch einfach
nicht stimmt. Du solltest immer den Mut haben, deine Gefühle mitzuteilen. Eine Session kann man
abbrechen, dass heißt nicht, dass man direkt den Kontakt abbrechen muss. Vielleicht redet ihr erst
einmal miteinander. Wichtig ist, dass du immer die Entscheidungsgewalt hast.
Neben dem Covern solltest du weitere Punkte bei einem Treffen mit einer unbekannten Person
berücksichtigen:
•
Liefere dich nach Möglichkeit nicht bei dir zu Hause einer unbekannten Person aus. Lässt du dich
von einer fremden Person in deiner eigenen Wohnung wehrlos fesseln, steht ihm alles zur Verfügung
und er kann alles mitnehmen.
Einen Ort für ein Treffen (eine Session) zu finden, ist manchmal schwierig. Vielleicht hilft ein günstiges
Hotelzimmer, der Besuch einer Gaysauna etc.
•
Nimm zu einem Date keine Wertsachen mit, die du nicht brauchst. Lass Schmuck und deine
Smartwatch zu Hause, habe nur so viel Geld dabei, wie du brauchst.
Dein Smartphone brauchst du zum Covern.
•
Triff dich erst an einem öffentlichen und belebten Ort mit deinem Gegenüber. Das kann auch in
einer Bar oder einem Café sein. So kannst du schnell wieder gehen und kannst andere Menschen um
Hilfe bitten.
In einem Waldstück oder auf einem einsamen Parkplatz kannst du keine Hilfe holen und bist so schon
deinem Gegenüber auf eine gewisse Art ausgeliefert.
Habt ihr vor euch in eine einsame Gegend zurückzuziehen (Stichwort Outdoor-Sex), dann geht
gemeinsam zu diesem Ort, nachdem ihr euch kurz kennengelernt habt.
Wenn du eine negative Erfahrung gemacht hast, hole dir Hilfe. Sprich mit Freund*innen über das
erlebte, rufe die Polizei oder wende dich an eine Hilfsorganisation.
In einer solchen Situation um Hilfe zu bitten, ist mit Scham und Unsicherheit sowie Angst verbunden.
Suche dir trotzdem Hilfe. Du hast keine Schuld an dieser Situation.